Die eigenen Finanzen – Berater suchen oder selbst in die Hand nehmen?

Vermögensberatung, Provisions- oder Honorarberatung, gebundene oder unabhängige Beratung – was steckt hinter den verschiedenen Beratungsarten und (ab wann) brauche ich überhaupt einen Berater für meine privaten Finanzen? Als ich vor einigen Jahren angefangen habe, mich mit meinen eigenen Finanzen zu beschäftigen, stellte ich mir genau jene Frage und entschied mich dafür, meine Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. Warum es zu dieser Entscheidung kam, was es für verschiedene Beratungsarten gibt und ob sich für Dich eine Finanzberatung lohnt, wird in diesem Artikel diskutiert.

Die verschiedenen Beratungsmöglichkeiten

Die Beratung der Hausbank

Fangen wir mit dem wohl am naheliegendsten Fall der Finanzberatung an: der Bankberater der eigenen Hausbank. Die Beratung der Hausbank ist dabei meist sehr breit aufgestellt und bietet ein großes Spektrum an Dienstleistungen und Finanzprodukte für Privatpersonen an. Die Auswahl der Empfehlungen des Bankberaters sind dabei jedoch meistens recht begrenzt – nämlich auf die eigenen Produkte der Bank, am besten jene, welche der Bank die höchsten Einnahmen bringen (= Produkte mit einem hohen Kostenfaktor und/oder einer langen Laufzeit). Natürlich trifft dies nicht auf alle Banken und Bankberater zu, die Chance einer für Dich guten Beratung sehe ich hier jedoch nicht sehr hoch. 

Bei Personen mit einem sehr hohen Vermögen kann sich die Finanzberatung der Hausbank lohnen, hierfür bieten die großen Banken oft ein so genanntes „Wealth Management“ an. Dies geht über die normale Finanzberatung hinaus und umfasst diverse Dienstleistungen, Risikomanagement, Finanzierungen, etc. Weitere Infos und ab welcher Vermögenssumme sich solch eine Beratung lohnt, lässt sich auf den jeweiligen Seiten der Banken finden.

Provisions- vs. Honorarberatung

Der Provisionsberater wird nur bezahlt, wenn ein Vertragsabschluss stattgefunden hat. Seine Bezahlung ist dabei ein Teil der Kosten des verkauften Produktes. Und genau hier besteht ein Interessenskonflikt: Die Produkte mit den höchsten Kosten werfen i.d.R. auch die höchste Provision ab. Der Berater hat somit einen hohen Anreiz, genau die Produkte zu verkaufen, die ihm die meiste Provision einbringen. Solche Berater sind in diesem Kontext viel eher Verkäufer und man sollte mit höchster Vorsicht eine derartige Beratung in Anspruch nehmen. Natürlich sind nicht alle Provisionsberater schwarze Schafe. Die Chance, in die „Vermittlermasche“ zu tappen ist jedoch ziemlich hoch. Insbesondere wenn man nach einer ersten, allgemeinen Finanzberatung sucht. Weiteres zu der Vermittlermasche folgt in diesem Artikel.

Bei der Honorarberatung wird der Berater nach einem festen, vorher bekannten Stundensatz bezahlt. Dies löst zwar zunächst den Interessenskonflikt der provisionsorientierten Beratung, allerdings bieten auch diese keine Garantie einer guten Beratung. Ein ehrlicher Berater macht ihn nicht automatisch zu einem guten Berater.

Ein Honorarberater ist nichtsdestotrotz ein guter Kompromiss, da man weiß, was man zahlt, und im Notfall bleibt es bei einer Einmalausgabe. Eine erste Anlaufstelle auf der Suche nach einem Honorarberater ist der Verbund deutscher Honorarberater (VDH).

Gebundene vs. Unabhängige Beratung

Ein weiteres Kriterium zur Beurteilung eines Finanzberaters ist dessen Produktportfolio. Gebundene Berater vermitteln dabei nur die Produkte eines Anbieters und sind somit stark auf dessen Auswahl limitiert. Ein unabhängiger Berater hat dabei die Auswahl an nahezu allen am Markt zur Verfügung stehenden Produkten und kann das für seinen Kunden am passendsten Produkt aussuchen (unter der Voraussetzung, dass es sich um keine Provisionsberatung handelt – s.o.). Bei der Wahl nach einem allgemeinen Finanzberater sollte somit unbedingt ein unabhängiger Berater bevorzugt werden, da dieser nicht auf die Produkte eines Anbieters limitiert ist.

Vorsicht: Die Vermittlermasche der Strukturvertriebe

Steigt man etwas tiefer in die verschiedenen Arten der Finanzberatung ein, stößt man früher oder später auf die Vermittlermasche der Strukturvertriebe. Es gibt zahlreiche Beiträge von Opfern im Internet, die das Vorgehen dieser Strukturbetriebe und den entstandenen finanziellen Schaden beschreiben. Letztendlich enden all diese Beiträge mit einer Warnung, nicht auch auf diese Masche hereinzufallen. Auch ich wurde in Vergangenheit von einem Vermittler eines Strukturvertriebes kontaktiert und kann somit die Masche aus eigenen Erfahrungswerten beschreiben. In meinem Fall kam die Skepsis gegenüber dem „Berater“ glücklicher Weise rechtzeitig auf, sodass es zu keinem Vertragsabschluss kam.

Die Masche: Einige Vermittler (oft bezeichnen sich diese als Finanzberater, Versicherungsmakler, o.ä.) bieten eine provisionsgebundene – und damit zunächst kostenfreie – Finanzberatung an. Diese Beratungen laufen dabei meist nach dem folgenden Schema ab: der Erstkontakt folgt oft über die Empfehlung eines Freundes oder Bekannten oder man wird über ein soziales Netzwerk wie bspw. Facebook, LinkedIn oder Xing kontaktiert. In einem ersten (meist sehr netten) Gespräch wird die individuelle finanzielle Situation analysiert und finanzielle Ziele bestimmt. Oft wird auch die Offenlegung alle Verträge gefordert, wodurch im anschließenden Zweitgespräch „ganz schlimme“ Lücken entdeckt werden.

In diesem zweiten Gespräch stellt der Berater zunächst die „individuell erarbeitete Lösung“ vor. Diese ist fast immer die gleiche: zunächst werden durchaus sinnvolle Tipps, wie das Festlegen einer fixen Sparquote, das 2-Konten-Modell und eine Analyse an Einsparpotentiale aufgezeigt.

Das 2- bzw. Mehr-Konten Modell

Das 2- bzw. Mehr-Konten Modell ist eine der Grundsäulen der Verwaltung der eigenen Finanzen. Hierbei werden verschiedene Arten von Ausgaben (bspw. Fixkosten vs. tägliche Ausgaben) auf zwei separaten Konten voneinander getrennt. Diese Trennung ermöglicht es, dass die verschiedenen Ausgabenarten nicht untereinander vermischt werden und unabhängig voneinander sind.

Definition

Dies weckt Vertrauen und ist zwar ein recht allgemeiner aber keines Weges schlechter Ansatz. Relativ schnell kommen die Berater dann jedoch auf unbedingt notwendige Produkte wie ein aktiv gemanagter Aktienfonds mit Tech-Fokus für junge Leute, eine Auswahl an notwendigen Versicherungen, einem überteuerten Bausparvertrag, oder ähnlich. Wenn man wie in meinem Fall „zu viele Fragen“ stellt (man kann nie zu viele Fragen stellen, wenn es um die eigenen Finanzen geht) und sich am Ende zwar für die Beratung bedankt, aber keine Versicherung oder Finanzprodukte erwerben möchte, sind die Berater genauso schnell weg, wie sie gekommen sind. 

Die Produkte, die sie einem hier verkaufen wollen, taugen in vielen Fällen nichts. So ist es bei diesen „Beratern“ durchaus beliebt, auf die sinkenden Garantiezinsen bei der Riester-Rente hinzuweisen und Druck aufzubauen, dass man sehr schnell eine Riester-Rente abschließen sollte, um die aktuellen Konditionen zu sichern, da man sonst in der Altersarmut landet. Einige Firmen haben sich diese Art der Vermittlung als Konzept gemacht und heuern Mitarbeiter nur als Nebenjob an, welche dann Familie und Freunden jene schlechte Finanzprodukte vermitteln sollen. Meist sind diese Mitarbeiter jünger und können die Folgen (und finanziellen Verluste) ihres Handelns nicht verstehen und werden durch die vermeintlich üppigen Provisionen dazu animiert (Gier frisst Hirn). Auch wenn es mit Sicherheit einigen guten Beratern gegenüber nicht fair ist, gehen bei mir alle Alarmglocken an, wenn sich mir ein selbstständiger, gebundener Makler vorstellt. Unter den weiterführenden Links am Ende dieses Artikels findet sich ein humorvoller Beitrag des ZDF-Neomagazins zu einem der größten deutschen Strukturvertriebe.

Wenn sich ein Freund oder Bekannter mit einem solchen Anliegen an Dich wendet, sage ihm, dass Dir eure Freundschaft wichtiger ist als die finanzielle Beratung und dass es Dir das Risiko einer finanziellen Fehlentscheidung nicht wert ist. Eine Geschäftsbeziehung ist eine Beziehung, die man besser mit einem Geschäft eingeht. Es gibt durchaus Produkte, die interessant sind, im Bereich der Geldanlage vor allem ETF-Policen wegen der Steuervorteile, der kostenlosen

Steuerberater

Das wohl bekannteste Feld der Finanzberatung ist die Steuerberatung. Auch hier gilt: einfache Fälle können meist allein und ohne Gang zum Steuerberater erledigt werden. Es empfiehlt sich jedoch, die Hilfe eines Steuerprogrammes in Anspruch zu nehmen. Hier gibt es diverse Apps, Websites und Programme. Meine persönliche Empfehlung ist hier ganz klar WISO, mit dem ich seit Jahren ohne viel Aufwand meine eigene Steuererklärung erledige.

Solltest Du komplexere Fälle haben oder schlichtweg keine Lust auf die eigene Steuererklärung bieten lokale Lohnsteuerhilfevereine Unterstützung für wenig Geld. Bei wirklich komplexen steuerlichen Fällen oder wenn es um viel Geld geht, würde ich allerdings immer den Weg zum klassischen Steuerberater empfehlen. Ein ausführlicheren Artikel zum Thema eigene Steuererklärung folgt in Zukunft.

Fazit

Wann sich ein Finanzberater lohnt

Komplexer Fall
Bei einem komplexen Steuerthema sollte unbedingt ein Steuerberater zur Hilfe aufgesucht werden.

Hohes Vermögen
Vermögensberater oder das bankeigene „Wealth Management“ machen erst ab mehreren Millionen Vermögen Sinn und wenn komplexe Steuer bzw. Familien/Unternehmens-Konstellationen im Spiel sind.

Keine Zeit
Ein relativ bequemer Vorwand ist die fehlende Zeit. Hier kann ich aber nur ermutigen, sich diese Zeit zu nehmen und sich auf die Grundlagen der eigenen Finanzen zu fokussieren. Diese sind in relativ kurzer Zeit durchdrungen und machen einen riesigen Unterschied. Meiner Meinung nach ist kaum ein Wissen sinnvoller als das der eigenen Finanzen und deren Verteilung.

Aber: Keine Abhängigkeit

Frage Dich immer: Warum sollte sich jemand hinsetzen und über die Finanzen eines anderen „diskutieren“, wenn für ihn selbst nichts dabei herausspringt? Es ist also offensichtlich, dass er sich davon irgendeinen Vorteil verspricht (Bezahlung, Provision etc.). 

Versuche, Deine wertvolle Zeit in Deine eigenverantwortliche finanzielle Bildung zu investieren oder suche Dir einen der seltenen Honorarberater. Er nimmt Geld für seine Arbeit. Die Arbeit besteht darin, Deine finanzielle Basis zu beleuchten und Dir, je nach Neigung, Risikobereitschaft usw., Möglichkeiten aufzuzeigen, was Du wie tun kannst. Anschließend sollte es aber weiterhin Deine höchste Priorität sein, Deine eigenen Finanzen zu verstehen – schließlich musst Du Jahrzehnte lang mit Deinen finanziellen Entscheidungen leben – der Berater kann jederzeit verschwinden.

Der nächste Schritt wäre die eigentliche „Verwaltung“ Deines Portfolios. Aber das wird von spezialisierten Bankabteilungen gemacht und lohnt sich nur bei einem hohen Vermögen. 

Nun hast Du bestimmt gemerkt, dass ich kein Fan davon bin, als Durchschnittsverdiener auf einen Finanzberater zurückzugreifen. Das Problem ist nicht die Finanzberatung selbst, sondern die vielen schwarzen Schafe in der Branche. Es gibt sicherlich gute Berater, aber wichtig ist, dass volle Transparenz herrscht, d.h. dass auch bei der Empfehlung von Produkten alle Kosten (Provisions- oder Honorarkosten etc.) der jeweiligen Produkte besprochen werden und Vor- und Nachteile klar aufgezeigt werden. 

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