BAföG: in Raten oder auf einmal zurückzahlen?

Seit 2019 müssen unabhängig von der Gesamthöhe des BAföGs maximal 77 Monatsraten à 130€ zurückgezahlt werden. Somit muss man selbst nach Bezug des BAföG Höchstsatzes über mehrere Jahre maximal 10.010€ zurückzahlen. Dabei hat man die Möglichkeit, dies entweder in Raten (Abbuchung i.d.R. quartalsweise) oder per Einmalzahlung zu tun. Bei der Einmalzahlung gibt es zudem einen Rabatt von bis zu 21% (die individuelle Höhe des Rabatts hängt von der Darlehenssumme ab). In diesem Beitrag wird diskutiert, ob das BAföG-Darlehen als Einmal- oder Ratenzahlung zurückgezahlt werden sollte.

Wie bereits erwähnt, gibt es abhängig von der Darlehenssumme einen individuellen Rabatt bei Sofortzurückzahlung. Abhängig von diesem Rabatt lässt sich eine individuelle Rendite errechnen, die bei Sofortzurückzahlung erzielt werden würde.

Beispiel: Beim Darlehenshöchstbetrag von 10.010€ bekäme man einen Rabatt von 21% bei Sofortzurückzahlung. Bei einem Rückzahlungszeitraum von 77 Monaten (= 6,41 Jahren) entspricht dies einer jährlichen Rendite von 3,02%. Man muss es also schaffen, mit einer alternativen Geldanlage mindestens eine Rendite von 3,02% pro Jahr im gleichen Zeitraum zu erzielen, um einen finanziellen Gewinn zu erzielen. Diese Art von Geschäften nennt man Zinsdifferenzgeschäft.

Zinsdifferenzgeschäft

Als Zinsdifferenzgeschäft bezeichnet man ein Geschäft, bei dem ein Gewinn durch die Ausnutzung zwei verschieden hoher Zinssätze für Kredite erzielt wird. Im professionellen Bereich können solche Effekte ebenfalls durch das einsetzen komplexer Finanzprodukte (Derivate) erzielt werden. 

Definitionen

An dieser Stelle ist zu betonen, dass die Rendite des BAföG-Rabattes risikofrei ist. Dies ist bei der alternativen Geldanlage in bspw. einen ETF nicht der Fall. Diese liegt im historischen Durchschnitt zwar höher, allerdings ist in diesem kurzen Anlagehorizont das Risiko auch deutlich größer. Außerdem muss für die regelmäßige Ratenzahlungen stetig ein Teil der Geldanlage verkauft werden. Dadurch entstehen Transaktionskosten, die den Mehrgewinn der Alternativanlage schmälern.

Ein oft genanntes Argument für die Ratenzahlung ist die Inflation. Die Kaufkraft des Geldes sinkt über den Rückzahlungszeitraum. Demnach ist die monatliche Tilgungsrate am Ende des Rückzahlungszeitraumes ebenfalls weniger wert als zu Beginn. Bei dieser Argumentation wird jedoch oft vergessen, dass das Einkommen fast nie parallel zur Inflation steigt. Somit wird die finanzielle Belastung durch die Monatsraten trotz Inflation nicht geringer.

Bei einem Einkommen weniger als 1.600€/Monat kann ein Freistellungsantrag zur Aussetzung der monatlichen Rate gestellt werden. Die Flexibilität der Ratenzahlung kann also in einer finanziellen Notlage hilfreich sein. Andererseits darf man die Rückzahlungsrate aber auch nicht versäumen, da sonst sehr hohe Verzugszinsen hinzukommen. Besonders bei einem Umzug ist darauf zu achten, da das BAföG-Amt nicht über die Post arbeitet und somit greift ein ggf. eingerichteter Nachsendeauftrag nicht. Auch das BAföG-Darlehen wird bei der Schufa als Schulden gemeldet und bei Zahlungsausfall endet dies in einem negativen Eintrag. Diese sind nicht nur ärgerlich, sondern auch schwer wieder wegzubekommen.Wie bereits erwähnt, ist der Rabatt (und damit die Rendite) der Einmalzahlung risikolos. Somit ist die zukünftige monatliche Belastung geringer und Du kannst stattdessen Deine Sparrate erhöhen. Zudem ist einigen Menschen der psychologische Aspekt „bezahlt, erledigt, schuldenfrei“ ziemlich viel wert. 

Fazit

Das BAföG-Darlehen in Raten abzuzahlen ist m.M.n. nur sinnvoll, wenn du sicher bist, dass sich Dein Einkommen über den Rückzahlungszeitraum nicht drastisch reduziert. Ein unbefristeter Job ist hierbei das Mindeste. In allen anderen Fällen würde ich es immer bevorzugen, die Einmalzahlung zu wählen. Wenn es nicht möglich ist, die Darlehenssumme auf einmal zu zahlen kann auch zunächst in Raten und später per Einmalzahlung getilgt werden. Dies kann im BAföG Online-Portal (https://www.bafoegonline.bva.bund.de) gemacht werden. Dort kann man einen Antrag auf vorzeitige Rückzahlung stellen. Nach etwa einer Woche bekommt man einen Brief mit einem Angebot dazu. Der Rabatt gilt dann jedoch lediglich für den Restbetrag.

Solltest Du Dich dennoch für die Ratenrückzahlung entscheiden, kann ein Bankkredit günstiger sein. Dieser wird in Höhe des BAföG-Darlehens (mit Rabatt) aufgenommen, um dieses auf einmal zurückzuzahlen. Die monatlichen Raten des Kredites können dann günstiger sein. Dies muss allerdings individuell vorher geprüft werden.

Trotzdem gilt: Fixkosten minimieren ist der sicherste Schritt zur finanziellen Unabhängigkeit. Schulden abbauen lohnt sich fast immer mehr als investieren. Außer man hat eine Glaskugel und kann in die Zukunft gucken.

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